Montag, 8. April 2013

Videospielkritik: Far Cry 3

Ausnahmsweise erlaube ich mir einmal einen Exkurs von den üblichen Themen Fußball und Filme, und wage mich zum ersten Mal an eine Videospielkritik. Dafür darf gleich meine Neuerwerbung "Far Cry 3" für die Xbox360 herhalten.

Zunächst einmal zum besseren Verständnis: ich spiele gern, ich spiele, so oft es geht, aber weder besonderes exzessiv noch gut. Ich sehe mich nicht als Pro-Gamer, eher als begeisterter Amateur. Und weil ich Mitte 20 bin und kein Teenager mehr, studiere, eine Partnerin und einen Freundeskreis habe, kann es schon vorkommen, dass ich mehrere Monate lang die Xbox abgedreht lasse.

Far Cry 3 war ein Geburtstagsgeschenk von mir an mich, und seit knapp einem Jahr das erste Spiel, das ich mir gekauft habe. Begründung: Videospiele sind mir ganz einfach zu teuer, und das letzte Spiel, das ich mir gekauft habe, "Battlefield 3", war für mich eine große Enttäuschung und Geldverschwendung. Also habe ich es für gut ein Jahr bleiben lassen, mir neue Spiele anzuschaffen, und habe die Xbox nur mehr verwendet, um zum Beispiel mit der Freundin und dem Neffen "Blur" zu spielen.

Nun war allerdings seit Ende des letzten Jahres die Neugier auf den neuen "Far Cry" sehr groß. Die Grafik schien in den Trailern hervorragend zu sein, die Inhaltlosigkeit der großen Map aus dem zweiten Teil wurde auch korrigiert, man hat eine offene Welt und zigtausend Möglichkeiten, was man alles machen kann - also fad sollte es mit dem Spiel wirklich nicht werden. Denkt man zunächst.

Denn ich verstehe ja den Sinn der Sache, das "Survival"-Gefühl, dass man Tiere eigenhändig erlegen muss um überleben zu können und so weiter. Immerhin braucht man Waffengurte, Beuterucksäcke und Brieftaschen, um das viele Geld, das herumliegt, aufbewahren zu können. Aber muss man wirklich einen Hai töten, damit man eine Brieftasche herstellen kann? Braucht man wirklich zwei Bärenfälle für einen Pfeilköcher? Und wo zum Teufel findet man die verfluchten Dingos, denn vier Dingofelle braucht man, um einen größeren Beuterucksack herzustellen, und weitere vier Dingos müssen für einen Sprengstoffgürtel oder was-weiß-ich-was sterben. So wird es bald Sinn und Inhalt des Spieles, dass man auf der Karte nachschaut, wo man welche Tiere findet, hinfährt, Tiere jagt, verbesserte Ausrüstung herstellt, nächstes Tier suchen, jagen, und so weiter. Damit man überhaupt etwas auf der Karte findet, muss man die blockierten Funktürme entsperren, also sucht man die auf der Karte, fährt hin, muss sich auf den blöden Turm raufquälen, was teilweise doch recht frustrierend sein kann (Jump'n'Run Spiele waren nie so mein Fall, schon seit den 90ern nicht mehr), Turm freischalten, und ab zum nächsten. Das wird mit der Zeit etwas öde. Prinzipiell, und das ist das gute am Spiel, müsste man das ja nicht machen, es ist quasi-freiwillig, andererseits braucht man sehr wohl die Karte, um sich zurechtzufinden - also müssen die Funktürme sein, und wenn dir im Gefecht permanent Granaten und Munition ausgeht, muss dann doch die Ausrüstung verbessert werden. Also halali, nichts wie auf in die Jagd! Haifischhaut für eine Brieftasche - wenn die Spielentwickler darauf bestehen, dann bitte. Ich hätte mir da zumindest etwas mehr Realismus erwartet. Ich denke nämlich, auch aus Hundefell kann man einiges herstellen, und tollwütige Hunde attackieren einen ja eh ständig.

Das Piratenthema auf einer schönen Insel ist natürlich recht nett gewählt, weil auch ziemlich aktuell, stimmungsmäßig ein Wahnsinn, Wahnsinn ist auch ein gutes Stichwort, denn der Oberbösewicht, Vaas, ist ein ziemlich wahnsinniger Typ. Eigentlich der coolste Antigonist, den ich bisher in einem Spiel gesehen habe. Ich kann da keine Vergleiche mit Far Cry 2 ziehen, weil ich das Spiel ehrlich gesagt nie fertig gespielt habe; ewig langes herumfahren in der Wüste und das Räumen von den immer gleichen Checkpoints war mir auf Dauer zu mühsam, also habe ich irgendwann während des zweiten Aktes damit aufgehört und nicht mehr weitergemacht. Aber zurück zu Vaas: cooler Bösewicht, leider zu inflationär im Spiel eingesetzt. Ich meine, es gibt kaum eine Hauptmission, bei der Vaas nicht vorkommt und die nicht damit endet, dass Vaas dich umbringen will und du entkommst. Beim nächsten Mal dann, "ich dachte ich hätte dich schon getötet" und er versucht es gleich noch mal. Schon wieder entkommt man. Dann kommt das Thema "Wahnsinn ist, immer das selbe zu tun und etwas anderes zu erwarten und ich, Vaas, bin nicht wahnsinnig, also töte ich dich nochmal aber erwarte, dass du stirbst" und schon wieder entkommt man - Freunde der Berge, das ist echt mühsam. Und irgendwann ist Vaas endlich tot, und plötzlich müssen wir auf eine andere Insel, weil sich herausstellt, dass Vaas gar nicht der Oberbösewicht, sondern ein Handlanger war... what the fuck? Das ist dann doch etwas enttäuschend. Zuerst hast du einen Nemesis, der die ganze Zeit quasi da ist, und dann stellt sich heraus, dass er gar nicht der Nemesis ist sondern ein gewisser Hoyt, von dem vorher nicht viel zu sehen oder hören war... meh.

Wieso konnte Vaas nicht der Oberbösewicht sein, aber wir müssen ihn im Gameplay erst finden, eventuell seine Untergebenen ein bisschen töten, in die Organisation intervenieren, und dann am Ende ein ultimatives Battle gegen ihn führen? Wieso wird Vaas die ganze Zeit als Nemesis stilisiert - immerhin hat er Bruder und Freund des Protagonisten getötet - und als er dann tot ist, wird der andere plötzlich interessant? Und was geht dem Protagonisten das wirklich an - immerhin war das Hauptmotiv "Rache"? Da kommt das ganze "mystische" ins Spiel - diese mystische, psychodelischen Sequenzen, die aus irgend einem Grund ständig in die Geschichte einfließen. Ok, ich verstehe - ich bin offenbar die Reinkarnation eines großen Inselkriegers. Deswegen bekomme ich auch immer neue Tattoos und bin einfach "awesome". Aha, offenbar entschließe ich mich, nicht mit meinen Freunden die Insel zu verlassen, sobald Vaas tot ist, auch komisch. Aber dass dann lauter psychodelische Sequenzen sind, wo ich mystische Monster mit Pfeil und Bogen besiegen muss, und die Tötungsszene von Vaas sich auch mehr im Traum als sonst wo abspielt, passt mir nicht wirklich. Das macht für mich das Spiel zu "nicht Fisch, nicht Fleisch". Ist es jetzt eine Fantasiekriegergeschichte, wo es um Wiedergeburten und was-weiß-ich was geht, oder ein realistisch gehaltener, beinharter Befreiungskampf gegen die Terrorherrschaft von Piraten?

Meiner Meinung wäre es besser, von "Citra", der Chefin der Widerstandsbewegung, weniger mystischen Bullshit zu hören und vielleicht einmal effektive Unterstützung bei der Befreiung der Piraten-Außenposten zu erhalten. Wie gesagt, ich bin kein Progamer, ganz im Gegenteil. Soweit konnte ich alle Außenposten mehr oder weniger erfolgreich befreien, manchmal ging es einfach, und beim einen oder anderen sterbe ich jedes Mal. In der Ruine von Citra hängen immer jede Menge Befreiungskämpfer herum, und ist der Außenposten erst einmal befreit, kommen sie auch angerannt und erzählen dir, was du alles machen kannst. Für manche Profis hier ist es sicher nicht nachvollziehbar, aber ich hätte manchmal schon gerne Unterstützung bei solchen Gefechten - und wieso nicht von dieser Seite? Das war ja schon bei GTA - San Andreas möglich - man konnte Gangmitlieder rekrutieren und dann mit dieser Unterstützung dem Feind einheizen.

Naja. Dass in jeder Schatzkiste Geld liegt, selbst, wenn sie in seit 1000 Jahren versiegelte Höhlen herumstehen, dass der Waffenwechsel von Granate auf Molotovcocktail eher umständlich ist, dass viele Spritzen, die man aus Blättern herstellen kann, nicht wirklich viel Sinn ergeben und nur Platz verstellen, den man mit Medipacks auffüllen könnte, und dass irgendwann dank der mystischen Fähigkeiten Medipacks völlig sinnlos sind, weil man sich jederzeit selbst heilen kann, sind da nur kleinere Störgeräusche. Im Endeffekt muss ich sagen, dass Far Cry 3 kein kompletter Reinfall ist, aber auch alles andere als "das" Spiel. Leider muss ich sagen, dass es mich bei weitem nicht so gefesselt hat, wie ich es erwartet hätte - es ist kein schlechtes Spiel! Aber auch nicht das beste Spiel aller Zeiten.

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