Freitag, 13. November 2015

"Spectre" und das Problem mit der Bond-Kontinuität

Spectre ist zweifellos kein schlechter Bond, es ist allerdings durchaus nachvollziehbar, wieso die Kritiken teilweise relativ schlecht sind.

Einerseits versucht Spectre, die letzten drei Bonds – also die drei Filme seit dem Reboot des Franchise mit Daniel Craig – zusammenzuführen, gleichzeitig aber, klassische Bond-Themen aus der Vergangenheit wieder aufleben zu lassen – im Speziellen, indem man den Erzfeind Bonds aus den 70ern, Blofeld, wieder einzuführen versucht. Gleichzeitig wird aber mit der Kontinuität recht stümperhaft umgegangen.

Das Problem an der ganzen Sache ist meiner Meinung nach „Skyfall“. Kein schlechter Film, meiner Meinung nach allerdings keinesfalls so großartig, wie alle immer behaupten. Sicherlich visuell ein Wahnsinn, tolle Cinematographie, wunderschöne Bilder, allerdings ein an den Haaren herbeigezogener Plot und ein völlig lächerlicher dritter Akt. Während „Casino Royale“ und „Quantum“ im direkten Zusammenhang standen und einen gemeinsamen Antagonisten teilten, eine Verbrecherorganisation, in der Mr. White eine bestimmte Rolle spielte, war das dann in „Skyfall“ kein Thema mehr – hier wurden stattdessen neue Fronten eröffnet: Bonds Kindheit, Ms Vergangenheit wurden thematisiert, und die Sinnhaftigkeit von Spionen wie Bond allgemein in Frage gestellt. Das alles sollte nun unter einen Hut gebracht werden!

Zunächst einmal gab es während „Skyfall“ absolut keinen Hinweis darauf, dass Silva etwas mit White zu tun habe, oder es irgendeinen Zusammenhang mit den vorherigen Filmen gebe. In „Spectre“ wird das allerdings behauptet, und sogar Patrice, bisher eher als „Henchman“, also Killer eines Antagonisten erinnerlich, als wesentlicher Teil angegeben. Diese Art von Backtracking funktioniert nicht besonders gut, das war schon bei den „Star Wars“ – Prequels ein bisschen eine Katastrophe. Selbstverständlich sind zusammenhängende Trilogien gerade wahnsinnig in, weil Filmstudios gerne die Absicherung haben, dass sich das Publikum über Jahre hinweg einer Filmreihe verschreibt und brav sich alle Filme anschaut, nicht nur einen. Allerdings muss man diese dann auch im Vorhinein so schreiben, und nicht im Nachhinein versuchen, alles unter einen Hut zu bekommen. Zu Skyfall komme ich später nochmals.

„Spectre“ ist jetzt prinzipiell nett, allerdings hat es das Autorenteam nicht wirklich geschafft, diese erzählerischen Zusammenhänge schlüssig zu machen. Die Drehbuchprobleme sind ohnehin legendär, seit Entwürfe davon geleakt sind und es auch einen entsprechende e-mail Konversation dazu gab. Zunächst wird versucht, Judy Dench als M nochmals aufzuwärmen, allerdings leider ohne Zusammenhang und Begründung. Tatsächlich verpufft wegen anhaltender Drehbuchprobleme die Tatsache, dass dieser Bond einer der bestbesetztesten überhaupt ist. Wieso muss Judy Dench wieder herhalten? Skyfall endet damit, dass der neue M, Ralph Finnes, Bond sagt, es sei viel zu tun. Könnte sich die Eröffnungssequenz von „Spectre“ nicht daran aufhängen? Man kann ja Bond immer noch suspendieren – politisches Bauernopfer wegen der Aufregung in Mexico, unverschuldet, und die Geschichte geht ganz normal weiter. Vorher noch Background-Info einfügen, warum Bond dem Typen in Mexico überhaupt nachstellt, und schon wirkt das Ganze nicht so an den Haaren herbeigezogen.

Einzig die Dialoge zwischen Q und 007 wirken witzig und inspiriert, Ben Wishaw und Craig könnte ich mir persönlich noch länger anschauen. Nicht mehr anschauen kann ich mir Actionsequenzen unter der Regie von Mendez – ehrlich gesagt fand ich die kurze Sequenz, in der Q aus der Seilbahn vor zwei Killern flieht weitaus spannender als die übertriebene und etwas lächerliche Flugzeug – Auto – Verfolgungsjagd auf der Skipiste. Sie erinnerte mich eher an die Taxiverfolgungsjagd durch Paris mit Roger Moore in „A View To A Kill“, allerdings fehlte die nötige Ironie, um das Ganze irgendwie funktionieren zu lassen.
Monica Belucci wirkte in dem Film total verschwendet, ebenso wie Christoph Waltz. Es machte außerdem alles einen recht gezwungenen Eindruck – die Autoren wollten offenbar wieder Blofeld, und sie wollten eine zusammenhängende Handlung, aber im Nachhinein alles zu einer großen Rahmenhandlung zusammen zu zwingen, funktioniert, wie gesagt, nicht gut. Blofeld erklärt Bond mehr oder weniger, dass er eifersüchtig ist, weil er keinen Halbbruder (Bond) wollte, weswegen er den Vater tötete, seinen eigenen Tod vortäuschte und in weiterer Folge alles dransetzte, Bonds Leben systematisch zur Hölle zu machen. Zumindest laut den eigenen Angaben. Er sei der Urheber von Bonds Schmerz, er sei der Mann, der alle seine Frauen getötet hatte und der Organisator hinter Le Chiffre, White, Greene und Silva.

Bei dieser Behauptung in einem Monolog bleibt es dann auch, und es geht weiter mit dem Plot, dass die Weltgeheimdienste zusammengelegt werden, um umfassende Sicherheit zu garantieren – aber Spectre steckt in Wahrheit dahinter. Abgesehen davon, dass es absolut lachhaft ist zu glauben, dass in irgendeiner Realität, in irgendeinem der unendlichen Paralleluniversen die Russen jemals mit den Briten und Amerikanern sich einen Geheimdienst teilen – egal. Zurück zur Behauptung Blofelds, er stecke hinter allem.
In Casino Royale und Quantum lasse ich mir das ja noch einreden. Mr. White tritt als Mittelsmann einer Organisation auf, die nie wirklich greifbar zu sein scheint, sogar den Leibwächter von M unter Kontrolle hat und via Dominic Greene sogar den Einfluss hat, ganze Weltregionen unter Kontrolle zu halten. Spectre? Warum nicht! Dieses diffuse Feindbild gefiel mir persönlich sehr gut, und ich weiß, dass alle Quantum hassen, ich halte ihn für einen großartigen Film. Marc Forster hat es halt mit dem Schnitt ein bisschen übertrieben, und er hat nicht den „Bond-Style“, aber wenn man sich den Film fünfmal anschaut und manche Szenen vielleicht in Zeitlupe, ergibt er wunderbaren Sinn.
Skyfall hingegen bietet zum ersten Mal seit Pierce Brosnan wieder einen klassischen Antagonisten, kein diffuses Netzwerk mit einem unklaren Feindbild, sondern den einen Hauptbösewichten, der sogar eine eigene Insel hat, ein bisschen wie in „Der Mann mit dem goldenen Colt“. Q ist wieder da, Moneypenny wird vorgestellt, am Ende gibt es wieder einen klassischen M in seinem altmodischen Büro, und der Film macht alles, um den Fans entgegenzurufen: „Hey, wir werden wieder klassisch!“ Keine Rede mehr von Quantum, keine Rede von Spectre, das Motiv Silvas war Rache gegen M, und es hat bei dem völlig an den Haaren herbeigezogenen Plot keinen einzigen Moment gegeben, an dem man dachte, es könnte sich jetzt um einen Teil eines größeren Plans handeln, in dem Spectre eine Rolle spielt.

Das also einfach ohne weitere Erklärung im nächsten Film zu behaupten, ist einfach schwach. Und das ist der Punkt, an dem es hakt bei „Spectre“. Man hätte „Skyfall“, auf den ohnehin alle total stehen, einfach in Ruhe lassen können und auf die ersten beiden Craig-Bonds hinweisen können, das hätte noch halbwegs funktioniert, aber unbedingt „Skyfall“ ins Schema pressen zu wollen, wo er doch gar nicht reinpasst, ist sehr unglücklich.
Das Problem an der ganzen Sache ist, dass „Skyfall“ der designierte „Jubiläums-Bond“ war. Das Franchise feierte seinen 50. Geburtstag, der finanzielle Aspekt (MGM Pleite) war überstanden, also wollte man alles ein bisschen klassischer und gab ihm sogar aus völlig unsinnigen Gründen den klassischen Aston Martin DB5 aus „Goldfinger“, was aus Kontinuitätsgründen komplett sinnlos war. „Skyfall“ ist also im Daniel Craig Bond-Canon „the odd one out“, der Unpassende. Man kann nicht die Kontinuität der Filme über den Berg hauen, weil man den Bond-Fanboys und Klassikfeteschisten etwas zum Jubeln geben will, und dann aber so tun, als wäre das alles ohnehin ganz normal. Oder man kann es tun, aber es dabei belassen, und nicht im Nachhinein behaupten, dass eh alles zusammengehört.

Aber gut, der Schaden ist angerichtet. Das Problem bei Bond ist nun einmal, dass man die Erwartungen erfüllen muss, ich erinnere an den Aufschrei bei Casino Royal mit „oh nein! Bond sagt, es ist egal, ob der Martini geschüttelt oder gerührt ist!!!!11!“ und Quantum mit „oh nein! Der Film ist so schnell geschnitten und Martini trinkt er auch gar keinen mehr!!einself!“ und Skyfall „OMFG Bond trinkt ein Heineken, das geht doch gar nicht!!11!!1!“, also stehen die Drehbuchautoren offenbar unter dem Zwang, eine Checkliste abzuarbeiten, was er alles machen muss – komme was wolle, und wenn das Resultat ein ziemliches Durcheinander ist, darf man sich nun einmal wirklich nicht wundern. Ich habe ehrlich gesagt kein Problem damit, wenn Bond ein bisschen mehr wie Bourne wird, ein bisschen realistischer und mit einem schlüssigen Plot. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass der Trend ohnehin mehr in Richtung Realismus geht. Bourne ist ein gutes Beispiel, aber auch Filme wie Gravity, in dem in jeder Hinsicht versucht wird, das Umfeld und die Geschichte so schlüssig wie möglich darstellen zu lassen, insbesondere war die physikalischen Gegebenheiten betrifft.

Und dann das Ende von Spectre. Ich glaube, ich war nicht der einzige, der etwas verwirrt war, als der Film endete. Bond hört auf? Wie soll das Franchise weitergehen? Und es geht zweifellos weiter, immerhin ist Bond eine eigene Industrie für sich. An sich ist Blofeld in die Reihe neu eingeführt, er lebt, Bond fährt mit der Frau im Aston Martin DB5 davon, den er sich vorher von Q abholt. Wieso kann Bond eigentlich im MI5 ein- und ausgehen und sich einfach Sachen holen, wenn er offenbar gar nicht sollte?
Ich habe das Script nicht gelesen, allerdings die Kollegen von „birthmoviesdeath.com“, und die geben an, dass Bond zuletzt zu Léa Seydoux sagt: „We have all the time in the world“. Wunderbar, damit ist das Rätsel gelöst, denn dieser Spruch steht immerhin auf Teresa Bonds Grabstein in „For Your Eyes Only“. Wir wissen also, das Franchise geht weiter, Blofeld wird irgendwie entkommen, sie töten (lassen), Rache Rache Rache, geil. Schade, dass der Satz entfernt wurde. Schade, dass Daniel Craig offenbar nicht mehr will. Schade, dass das Script Christoph Waltz so uninteressant machen ließ, dass sich die Frage stellt, ob er noch einmal Lust hat, den Blofeld zu geben. Hier endet die Geschichte an einem Punkt, in dem man vielleicht doch noch eine befriedigende Geschichte weiterspinnen könnte, allerdings wird es mit einem neuen Bond eher schwer. Also doch die Frage, wie es mit dem Franchise weitergeht.


Mein Rat an Barbara Broccoli: Lass Tarantino den 50er- Jahre schwarz-weiß Bond drehen, der im Vorfeld von „Casino Royale“ geplant war. Nehmen wir ein bisschen Abstand von der Sache und überlegen uns, wie es schlüssig weitergehen könnte. Und: Vielleicht machen wir ja zuerst ein Konzept für ein paar Filme, anstatt von Film zu Film vorzupreschen, und nachher dann versuchen, alle zu verbinden. Denn das endet nie besonders gut.

Dienstag, 16. Juni 2015

Jurassic World

Jurassic Park ist einer meiner all-time-Lieblingsfilme. Und nicht nur als Kind, 1993 war ich zarte 6 Jahre alt, das erste Mal habe ich ihn mit 9 oder 10 gesehen, sondern immer noch. Todtraurig war ich, als vorletztes Jahr Österreich beim weltweiten 3D-Re-Release von Jurassic Park ignoriert wurde, weil es für mich die einzige Chance gewesen wäre, den Film einmal auf der großen Leinwand zu sehen. Insofern war mein Verhältnis zum neuen Film "Jurassic World" von Colin Treverrow von Anfang an etwas schwierig.

Erstens sind sämtliche Sequel-Versuche bisher kläglich gescheitert. "Lost World" fand ich bereits als Dino-begeistertes Kind unglaublich schlecht, "Jurassic Park 3" zwar eine Spur besser, aber für mich eher eine qualitativ bessere Direct-to-DVD oder Fernsehproduktion. Wie dumm bitte war "Lost World"? Alleine die Szene, wo sie im Trailer hängen, der gerade vom T-Rex über die Klippe geschubst wurde, und dann witzeln sie dumm herum, aber so viel will ich gar nicht mehr über den Film nachdenken.

Jetzt also Jurassic World, und nach den Enttäuschungen war die Gefahr natürlich durchaus gegeben, dass der Film der nächste Tiefpunkt wird. Vor allem, weil die Anzeichen alles andere als vielversprechend waren. Chaotische Verhältnisse um was-weiß-ich-wie-viele Drehbuchautoren, erinnerte mich an "World War Z", der ja eine einzige Enttäuschung war, vor allem, wenn man das geniale Buch gelesen hat. Ein für viele oberflächliche Filmfreunde, wie ich einer bin, eher unbekannter Regisseur. Und Chris Pratt als Protagonist war mir bis dato ebenfalls unbekannt. Und, ganz furchtbar, schon wieder Kinderdarsteller. Ich weiß, das klingt jetzt sicher super kinderfeindlich, aber Kinder sind in Blockbustern meistens der Tiefpunkt. Ganz entsetzlich war Ian Malcolms Tochter in "Lost World", Lex und Tim aus "Jurassic Park" sind mir auch mehr auf die Nerven gegangen, vor allem, weil sie Tim in einer Szene dumm und nutzlos erscheinen lassen, als Alan und Ellie im Kontrollraum damit kämpfen, die Türe vor dem Raptor zuzuhalten und es nicht schaffen, die Waffe, die am Boden liegt, zu erreichen, Lex ist damit beschäftigt ist, das Computersystem wieder anzuwerfen, und Tim steht einfach nur daneben, hüpft blöd herum und ist nervös, JETZT GIB IHNEN DOCH DIE VERDAMMTE WAFFE oder mach einfach irgendwas! Naja, das ist so mein Problem mit Kindern in Blockbustern, sie verhalten sich teilweise extrem dämlich und dann dürfen sie nicht einmal sterben. Auch nicht, wenn sie zu dumm sind, über einen Zaun zu klettern und 10.000 Volt abbekommen. Sam Jackson durfte nicht einmal zum Sicherungskasten, ohne von Raptoren gefressen zu werden.

Aber dann, Jurassic World. Colin Trevorrow inszinierte einen wirklich guten Sommerblockbuster und bettete die Geschichte in einem in sich schlüssigen Universum ein, in dem Jurassic Park stattgefunden hat. Er machte dabei auch das einzig Richtige: Ignorieren wir die furchtbaren Sequels, lassen wir genug Zeit vergehen und bauen wir alles neu auf. Er erzählt die Geschichte, dass nach dem Unglück im Jurassic Park vor über 20 Jahren alles neu aufgebaut wurde - größer, besser, sicherer. Man hat außerdem aus den Fehlern gelernt! Erinnert ihr euch noch, dass der T-Rex bei der Probe damals nicht kommen wollte, als man ihm die Ziege vorgesetzt hat? Jetzt liegt ein bengalisches Feuer, eine Leuchtfackel daneben (schöne Referenz zu einer der besten Szenen der Filmgeschichte, die mit dem T-Rex und den Autos) und der T-Rex kommt sofort. Der alte Jurassic Park, das alte Besuchergelände, das wir von früher kennen, liegt auf der Insel in einer Art Sperrgebiet. Alles neu, alles gut. Trotzdem ist sich Trevorrow des Erbes bewusst - und wird auch nicht müde, auf den großartigen Originalfilm anzuspielen. Hier ist ein Video mit allen "Jurassic Park" Referenzen in "Jurassic World".

Über die Handlung ist hinlänglich sowieso alles bekannt - kapitalistisch, wie unsere Welt ist, muss man für immer bessere Attraktionen sorgen, damit man die Besucher ins Kino, ich meine, den Park kommen. "Dinosaurier alleine funktionieren nicht mehr", heißt es im Film. Also züchten sie einen Hybriden, ein wahres Monster. Der kann sich leider supertoll tarnen und aus dem Gehege ausbrechen, und schon geht das Spaß los.

Währenddessen bekommt die stereotypische Karrierefrau, Managerin oder so von Jurassic World namens Claire, Besuch von ihren Neffen. Dabei interessiert sie sich doch gar nicht für Kinder, weiß auch gar nicht, wie alt sie sind und hat auch gar keine Zeit für sie. Typische böse Karrierefrau, wie kann man bloß seine Karriere über Kinder stellen, und das noch als Frau! Stattdessen werden die Kinder an die englische Assistentin abgeschoben, die auch wenig Interesse an den Kindern hat. Allgemein scheint in diesem Film niemand großes Interesse an den Kindern zu haben, und wie ich vorher auch schon dargestellt habe, hab ich auch kein großes Interesse an weiteren austauschbaren Kinderdarstellern in einem Blockbuster. Interessanterweise haben zunächst auch die Kinder kein großes Interesse aneinander, der ungefähr 16jährige interessiert sich für Mädchen, und sein kleiner Bruder, der offenbar leicht authistisch ist oder einfach einen Zahlenfetisch hat, interessiert sich für die Dinosaurier. Und Zahlen. Als die Situation natürlich beginnt, sich einzutrüben in Jurassic World, halten die Brüder aber zusammen und unterstützen einander - und dieser Handlungsbogen war nicht nur schlüssig, sondern auch wirklich gut gemacht. Es war nett anzusehen, wie der große Bruder die Beschützerrolle annimmt, und das ganze kommt ganz ohne peinliche Dialoge wie "Vegitariosaurus! Vegitariosaurus!" - "Vegitariosaurus?" aus, wie in Jurassic Park. Es war authentisch, und einfach gut gemacht. Der Kleine ist verzweifelt, weil er checkt, dass die Eltern sich scheiden lassen, und der Große versucht ihn aufzumuntern, das war einfach nett. Dass sein Aufmunterungsversuch die beiden in große Gefahr bringt, ist eine andere Sache.  Ich persönlich war zum ersten Mal nicht ausschließlich genervt von Kindern auf der großen Leinwand, und das ist echt ein sehr angenehmer Fortschritt.Außerdem sind ein paar Szenen mit den Kindern wirklich witzig, und nicht peinlich-witzig, sondern lustig-gut-witig. "Witty", wie es der Amerikaner sagt. Originell, geistreich.

Und wie gesagt, dunkle Wolken ziehen auf in Jurassic World, als der Killerdinohybride ("Indominus Rex") zuerst das eilig geschickte Sicherheitsteam ausschaltet, dann die Kinder, die gerade mit einem Glasgyroskop unterwegs sind, attackiert - die entkommen gottseidank, und gottseidank ist hier wirklich ernst gemeint - dann andere Dinos tötet - wo dann auch die mitterlweile mit Chris Pratt auf der Suche nach den Neffen befindliche kalte und kinderunfreundliche Karriere- Claire draufkommt, dass die Dinosaurier Lebewesen sind und keine Objekte, und in einer Verkettung von Sebstüberschätzung, Inkompetenz und schlechtem Krisenmanagement werden dann noch beißwütige Flugsaurier freigelassen und attackieren die Besucher von Jurassic World. Na da gehts dann natürlich ordentlich zur Sache. Der Antagonist, gespielt von Vincent D'Onofrio, sie kennen ihn vielleicht noch aus "Full Metal Jacket", als er die Fliesenwand mit seinem Gehirn tapezierte, möchte die Raptoren, mit denen Chris Pratt gearbeitet hat, als Waffe gegen den Amokdino einsetzen. Dem gefällt das natürlich überhaupt nicht, auch, weil er offenbar als einziger bisher die Raporen als unkontrollierbare Lebewesen einschätzt. aber er fügt sich dann doch und sie lassen die Raptoren frei. Das war bisher in keinem der Jurassic Park Filme eine gute Idee, aber was solls. Und sie machen sich auf die Jagd nach dem Riesending, und sie finden es, Chris Pratt, vier Raptoren und ein Team von schwer bewaffneten Söldnern, und große Überraschung, das Riesending kann mit den Raptoren kommunizieren und sie akzeptieren ihn quasi als neuen Alpha. Das sind natürlich ganz schlechte Nachrichten für alle, wie sie da mit gezogenen Waffen im Wald stehen, weil wenn sich heute ein Raptor gegen dich wendet, sind deine Chancen jetzt nicht so super. Gefecht, eilige Evakuierung, alle stürmen zurück ins Labor, wo Vincent D'Onofrio vom Raptor zunächst in die Hand gebissen wird (would you bite the hand that feeds?) und am Ende entscheiden sich die Raptoren dann doch, auf der Seite von Herrl Chris Pratt zu sein und wenden sich gegen den Indominus Rex, den Killerhybriden. Weil das aber nicht ausreicht, befreien sie noch den T-Rex. Und den Todesstoß gibt ihnen dann der coole Wasserdino ausm Trailer, der den Hai frisst. Ende! Wunderbar.

Wie gesagt, ein sehr unterhaltsamer Sommerblockbuster, gut gemacht, tolle special effects, aber auch gute Leistung der SchauspielerInnen. Ja, natürlich sind die Charaktere teilweise etwas eindimensional und stereotypisch, ja natürlich stellt sich prinzipiell die Sinnhaftigkeit nach einem Freizeitpark mit blutrünstigen Dinosauriern. Aber - wie gesagt - in sich geschlossen in der Realität von Jurassic Park funktioniert Jurassic World wirklich gut. Dass der Laborchef aus Jurassic Park, Henry Wu, diesmal eine größere Rolle hatte, fand ich großartig, hier wird direkt an die Geschichte des ersten Films angeschlossen - und eine sehr schlüssige Rahmenhandlung, die zwischen den beiden Filmen stattfindet, ist ebenfalls etabliert.

Negativ empfand ich einzig und allein teilweise etwas fehlende Dramatik von einer filmmacherischen Perspektive. Teilweise tauchte dieser Indominus Rex auf, ohne, dass hier die Spannung aufgebaut wurde, das fand ich schade. Zitternde Wassergläser wie in Spielbergs Jurassic Park kann man hier nicht erwarten.  Auch, wie die Raptoren am Ende unvermittelt einfach im Labor auftauchen. Und dann, Chris Pratt kann offenbar am Anfang mit ihnen kommunizieren und hat einen Draht zu ihnen, das wurde etabliert. Dann wechseln sie die Seiten, weil Indominus Rex offenbar mit ihnen kommuniziert. Und am Ende wecheln sie wieder die Seite und bekämpfen mit Chris Pratt den Indominus?! Das war ein bisschen komisch. Entweder sind die Raptoren die Opportunisten des Dinosaurieruniversums, oder die vielen Drehbuchautoren, die am Drehbuch beteiligt waren, wussten am Ende schlichtweg nicht, wie man die Protagonisten aus dem Schlusschlamassel befreien soll. Wie auch immer.

Etwas negativ man auch die Handlungsfolge sehen, die zum Ausbruch von Indominus Rex führt. Es erscheint unlogisch, dass man Hinz und Kunz ins Gehege lässt, bevor man den Ortungschip konsultiert. Und als man dank des Chips herausfindet, dass er eh im Gehege ist, machen sie dann vor lauter Panik die Tür auf, naja. Das erscheint mir schon ziemlich dumm. Und wieso gibt es in Jurassic World keinen Hubschauberpiloten außer dem schwerreichen Besitzer, der offenbar sehr unerfahren und auch nicht besonders gut ist, wie es etabliert wird? Kein Wunder, dass er den Heli flugs ins Vogelhaus stürzen lässt und die wütenden Raubdinos loslässt. Wozu aber zu sagen ist, dass der Weg dahin schon sehr witzig ist. ("They don't need someone else!") Und im Endeffekt ist der Film auch sehr spannend, aber trotzdem. Geht man davon aus, dass das alles superorganisierte Vollprofis sind, die seit 20 Jahren mit Dinosauriern arbeiten, sollten solche Dinge eigentlich nicht passieren.

Der epische Schlusskampf zwischen den Dinosauriern wurde von Kritikern als "too much" und "over the top" bezeichnet, ich halte einen too much over the top CGI epic Dino-battle am Ende von Jurassic World, dem Sommerblockbuster 2015, für sehr angebracht und möchte auch sogleich empfehlen, ihn sich anzusehen. Einzig die Art und Weise, wie Claires Assistentin getötet wurde, war für meinen Geschmack "too much" und "over the top". Hat sie es wirklich verdient, auf so sadistische Art und Weise zu sterben? Sie hat ja nichts verbrochen. Ich meine, ja, sie hat die Kinder aus den Augen verloren, und hatte kein großes Interesse daran, Babysitter zu spielen, aber die Arme hat sicher ein sauteures Wirtschaftsstudium abgeschlossen, damit sie einen mies bezahlten Assistentenjob bei inGen bekommt, wo sie weit weg von zu Hause, England, in Costa Rica, umzingelt von Dinosauriern Babysitter spielen muss? Meine Güte, da wäre ich auch nicht gerade begeistert. Ihr exklusiv eine Szene zu widmen, in der sie zuerst von Flugsauriern in die Höhe gerissen, dann ins Wasser geraucht und schlussendlich vom Wasserdino gefressen wird, halte ich für sehr grenzwertig. Wieso hat man bei Vincent D'Onofrio nur gesehen, wie der Raptor in die Hand beisst und dann nichts mehr außer ein paar Blutspritzern an der Wand, wahrscheinlich wegen der Altersfreigabe. Hier sieht man es also, sadistisches Foltern ist ok, schnell zerfetzt werden zeigen wir bitte nicht.

Nichts desto trotz: Empfehlung, Empfehlung, Empfehlung und 658 von 712 möglichen Punkten! Viel Spaß!